zurück

BRAUN
Radio  RCS 9

www.mdeffner.de


Vergrößerung durch An-klicken

Front_Ansicht Chassis Verdrahtung



Rückseite Phonoanschlüsse Mag.Auge + Stereoanzeige



Beschreibung

Das Steuergerät RCS 9 erscheint im Braun-Katalog ab 1961.  Es ist ein Entwurf von Dieter Rams. Das Design war richtungweisend für die Gestaltung von Steuergeräten, später Receiver genannt. Es gibt kein vergleichbares Gerät anderer Firmen aus dieser Zeit, das die ästhetische Ausgewogenheit und Schlichtheit des BRAUN RCS 9 nur entfernt erreichen konnte.

Gehäuse:
Holz (Faserplatten) mit Polyester-Überzug
Seitenteile aus eloxiertem Aluminium
Rückwand aus stabilem Polyester

Technische Daten:
Kreise: 8 AM, 12 FM
Betriebsarten: U K M L, Phono, Band
Röhren: ECC 85, ECH 81, EF 89, EBF 89, 2x ECC 83, 2x EC 92, 2x ELL 80
Frequenzgang: (Nf): 25 - 30 000 Hz
Endstufen: 2x 7 Watt, Klirrfaktor 0.8% (1 kHz)
Zusatzfunktionen: Peilantenne (Ferrit) für M L, Scharfabstimmung (UKW),  Rauschunterdrückung (UKW)

Funktionsbeschreibung:
Der Empfangsteil entspricht einem Super der oberen Mittelklasse. Der FM-Teil ist sehr leistungsfähig (Empfindlichkeit, Trennschärfe), der AM-Teil erbringt dagegen eher durchschnittliche Leistungen. Der Nf-Teil hat den Aufbau eines klassischen Röhrenverstärkers (Klangregler, Gegentaktendstufe) aus dieser Zeit mit guter Dimensionierung. Die Endstufe hat eine einfache (lineare) Gegenkopplung. Auf RC-Glieder zur Klangkorrektur wurde verzichtet. Daraus resultiert die klare und verzerrungsfreie Wiedergabe.

Eine Funktionsbesonderheit, die aus heutiger Anwendersicht keinen so rechten Sinn ergibt, sind die Optionen  'Phono I'  und  'Phono II',  mit je
einer Drucktaste schaltbar. 'Phono I'  bedient den Plattenspieler und das Tonband, 'Phono II'  dagegen trennt die Kanäle auf in simultane Phono-
und Radiowiedergabe. Die Lautstärke des Phonokanals regelt der Hauptregler. Für den Radiokanal ist ein Extra-Regler (links neben der Balance) vorgesehen. Die Balance ist nur in Stellung  'Phono'  wirksam.
In der BRAUN-Werbung wird (teilweise) erwähnt, das Gerät sei für Hf-Stereophonie vorbereitet, nachrüstbar mit dem Decoder TD 901. Es soll
einige Exemplare geben, die noch ab Werk damit ausgerüstet wurden.

Umbau und Restaurierung:
Mein Gerät befand sich in einem guten Zustand. Seine Leistung war aber nicht optimal. Die Kontrolle der Betriebsspannungen ergab, dass die teervergossenen Kondensatoren an kritischen Stellen nicht mehr 'dicht' waren. Daraufhin wurden alle Kondensatoren dieses Typs generell ersetzt.
Die Wirkung war ein voller Erfolg !
Der Stereodecoder TD 901 ist kaum mehr zu beschaffen. Also hielt ich Ausschau nach einem geeigneten Baustein aus neuerer Zeit. Ich fand ihn
in dem Decoder von KEMO Nr. B127 (Oppermann, Hinkel). Stromversorgung: 4.5 - 12 Volt, 2-3 mA. Mit 8.5 Volt, die man durch Gleichrichtung und Siebung aus der Heizspannung gewinnt, arbeitet der Baustein einwandfrei. Er ist zwischen Demodulator-Ausgang und Nf-Eingang über das Drucktastenagregat eingefügt. Er bleibt auch in Stellung AM eingeschaltet und läßt dieses Signal ungehindert passieren. Nur in Stellung  'Phono'  wird
er aus dem Signalweg herausgenommen. Das gelingt mit den vorhandenen Kontakten des Drucktastenagregats. Die Stereoanzeige (LED) findet hinter der Skalenscheibe neben dem Magischen Auge einen geeigneten Platz, ohne das äußere Design des Gerätes zu stören.
Die Röhre EM 84  (Magisches Auge)  wurde durch EM 87 ersetzt. Letztere ist empfindlicher für die Anzeige schwacher Sender. Einzige Änderung: der Anodenwiderstand muss auf ca.150 kOhm verringert werden.
Die Balanceregelung (ursprünglich nur am Phono-Eingang) wurde an die Anode der 1.Nf-Vorstufe angebunden. Zwei 10-kOhm-Widerstände begrenzen den Balanceregeler (1 MOhm) oben und unten. Je ein Kondensator (10 nF) trennt die Reglereinheit von der Anodengleichspannung. Gegenüber der ursprünglichen Anordnung arbeitet diese Variante nun auch in Stellung 'Radio'.
Schaltbild (RCS 6) Decoder Schaltbild (Decoder)
Anpassung des Decoders an die Schaltungsumgebung: Der Decoder ist für universellen Einsatz konzipiert. Die Auskopplung über die Niedervolt- Elkos C8, C9 mit 4.7 uF ist für die Röhrenumgebung überdimensioniert. Man hat es dort mit Impedanzen in der 1 MOhm-Größenordnung zu tun. Folienkondensatoren mit 47 nF genügen völlig. Das Problem mit der (hohen) Gleichspannung samt Polarität ist damit bedeutungslos. Ebenso verhält es sich am Eingang. Auch C1 ist ein Niedervolt-Elko mit 10 uF. Dort treffen die Signale vom Demodulator (AM/FM) mit erheblich wechselnden Polari= täten und Potentialen der Gleichspannungskomponente ein. Der Elkos sollte aber ein klar definiertes Grundpotential haben, Signal-Verzerrungen wären sonst die Folge. Auch hier kann C1 durch 47 nF ersetzt werden. Der dynamische Einganswiderstand des Decoders beträgt ca. 900 kOhm, und die untere Grenzfrequenz liegt dann bei ca. 30-40 Hz. Wenn der Decoder ordentlich arbeiten soll (Kanaltrennung), muss noch in der Radio-Schaltung C60 = 500 pF entfernt werden. Er sollte unerwünschte HF-Störungen fernhalten, filtert leider aber auch den Pilotton (19 kHz) weg.
Die Phono/Tonband-Eingänge wurden überarbeitet und neuzeitlichen Anforderungen angepaßt. Die Balance-Kombination R67, R54, R68 entfällt;
die Balance rückt hinter die 1.Nf-Stufe. Weiterhin wurden sätliche Entkopplungswiderstände einheitlich für Ein- und Ausgänge durch 100 kOhm-
Werte ersetzt. Auch der Dioden-Spannungsteiler R31/R32 bzw. R72/R71 (Bandaufnahme) ist verzichtbar. Durch diese Maßnahmen entsprechen die Pegelverhätnisse denen moderner Geräte. Wie im Bild oben ersichtlich sind in den beiden Löchern des alten Mono- Flachstecker zwei Cinch-Buchsen montiert. Damit wurde ein zusätzlicher Anschluss für einen CD-Player geschaffen.
Die Phono II-Taste trägt noch die Zusatzbeschriftung 'mono/stereo'. Diese Schaltfunktion hat sie jetzt definitiv. Sie schaltet den Stereo-Decoder oder den Phono-Eingang in den entsprechenden Modus. Die ursprüngliche, eingangs beschriebene Sonderfunktion  'PhonoII'  übernimmt ein kleiner Kipp=
schalter über den Cinch-Buchsen. Er legt die Phono-Eingänge parallel und führt das Radio-Signal auf den Phono II-Regeler (Skala vorne).  Mangels verfügbarer Kontakte im Drucktstenagregat war dazu ein kleines Relais vor Ort nötig. Die von BRAUN vorgesehene Option konnte dadurch im Prinzip erhalten bleiben.

Das Gerät ist jetzt den modernen Gegebenheiten voll gewachsen. Es hat Rundfunk-Stereophonie, wie von BRAUN vorgesehen, und es passt zu den neuzeitlichen Medien (Tonband, Kassette, CD). Der Klang des RCS_9, gute Lautsprecher vorausgesetzt, ist sehr transparent, weich und charmant !
Im Vergleich dazu klingt die spätere Anlage 'Audio 300' (Volltransistor) brutal, gepresst und fast ein bißchen ordinär !


August 2009