Der Reise-Empfanger R2 wurde von der Fa. Nikolaus Eltz, Wien (Markenname: RADIONE) produziert.
Herstellungszeitraum:
1938 Radione R1: 5 Kreise, 6 Röhren
1939 - 1945 Radione R2: 7 Kreise, 6 Röhren
1945 - 1948 R2: Nachfolgemodelle mit ähnlicher Gestaltung
(Skalenbeschriftung der Nachkriegszeit)
Neben R1 und R2 gab es noch einen R3 nur für Kurzwellenempfang (Wehrmachtsmodell).
[Literaturhinweis: Günter Abele, Historische Radios Bd.2, Füsslin-Vlg.]
Ausstattung
Der Empfänger präsentiert sich im robustem
Metallgehäuse mit Effektlackierung.
Lautstärkeregelung
Tonlblende
Wellenschalter
Senderabstimmung (grob / fein)
Technische Daten
Stromversorgung: 110, 150, 190, 220 Volt Wechselspannung
Mit Zerhacker: 6 Volt Gleichspannung (ca. 5 Amp.)
Lautsprecher: Elektrodynamisch (Erregerwicklung ist gleichzeitig
Siebdrossel), ca. 4 Watt Sprechleistung
Röhren: EF13, ECH11, EF12, EBC11, EDD11, EZ11 (Stahlröhren)
Schaltung: 7-Kreis Superhet mit 2 Hf-Vorstufen (!)
Wellenbereiche: KW, MW, LW, Phono
Funktionsbeschreibung
Das Chassis ist von der Rückseite durch Öffnen einer Flügelschraube
sichtbar. Alle Komponenten sind solide montiert und abgeschirmt aber
gut zugänglich. Auch die Netzsicherung (Wechselspannung) befindet
sich geschützt in einem Becher.
Beim Mustergerät fehlte der Zerhacker. Er könnte in einer dafür
vorgesehenen Fassung nachgerüstet werden.
Die Abschirmung des Apparates ist so gut, dass er ohne Antenne keinen
Ton abgibt. Wenigstens ein Stück Draht in der Antennenbuchse ist
notwendig. Empfangsleistung (KW) und Trennschärfe sind in Folge der
2 HF-Vorstufen hervorragend. Um die Qualität voll zu genießen,
braucht man schon eine Hochantenne mit abgeschirmter Zuleitung. Im Wohnraum gelangen
fast nur Störungen (Elektrosmog) in das Gerät !
Eine Besonderheit ist die Senderabstimmung: Ein Übersetzungsgetriebe erlaubt
die Gob- oder Feinabstimmung durch Druck- oder Zugbedienung.
Restaurierung
Der quadratische Blockstecker für den Netzanschluss ist gleichzeitig Spannungswähler.
Da dieser fehlte, war eine mühsame Detektivarbeit mit Ohm-Meter und Schaltbild nötig,
um die richtigen Anschlussstifte zu identifizieren.
Zuerst musste aber die (defekte) Netzsicherung aufgespürt werden, die in einem
Schutzbecher versteckt war.
Zunächst wurde mitels Regeltrafo die Versorungsspannung vorsichtig hochgefahren.
Als Kontroll-Referenz diente dabei die Heizspannung der Röhren (6,3 Volt).
Gleichzeitig wurde die Gleichspannung am Lade-Elko gemessen. Sie sollte +350 Volt
betragen, erreichte aber nur magere +100 Volt. Dabei war ein verdächtiges Zischen
und Brodeln zu vernehmen ein Grund, sofort wieder auszuschalten und das Netzteil
zu sanieren.
Maßnahmen:
1.
Nach dem (vorsorglichem) Austausch der beiden Hf-Schutzkondensatoren an der Anodenwicklung
erfolgte die Prüfung des Netztrafos im Leerlauf (ohne Gleichrichterröhre).
Er war in Ordnung.
2.
Abtrennung von Lade-Elko (32 uF) und Erregerwicklung des Lautsprechers.
Provisorischer Anschluss eines neuen Elkos (50 uF): Jetzt waren +350 Volt da !
Nach dem Ersatz von Lade- und Sieb-Elko (beide 50 uF) stimmten die Gleichspannungen
im Gerät einigermaßen, und man konnte bereits ein Rauschen aus dem Lautsprecher
vernehmen.
3.
Durchtasten der ZF-Stufen mit einem modulierten Mess-Sendersignal (468 kHz).
Das Signal kam durch, Der Messton (1 kHz) war im Laut= sprecher zu hören.
4.
Routinehalber wurden in den Vorstufen (ECH11, EF13) alle verdächtigen anodenspannungs-
führenden Kondensatoren ersetzt. Sie waren schon äußerlich durch Flüssig
keitsaustritt an den Anschlussenden erkennbar. Jetzt arbeiteten auch die Vorstufen, und das
Gerät brachte Sendersignale auf MW und LW. Eine Behandlung der Wellenschalterkontakte mit
Kontakt-Spray war obligatorisch.
5.
Warum der KW-Bereich stumm blieb, war spontan nicht auszumachen. Das Problem ließ sich zwar
an der Mischröhre (ECH11) lokalisieren: Es fehlte die Oszillatorschwingung. Diverse
Überlegungen, Spekulationen, Hypothesen wurden angestellt und wieder verworfen.
Schließlich ließ sich die Fehlerursache identifizieren. Im Anodenkreis der Mischtriode
liegt in Serie mit der Spule ein Kondensator (Schaltung: roter Kreis). Sein Wert sollte 3550 pf
betragen. Die Messung ergab 8 pf ! Nachdem dieser ersetzt war, funktionierte auch die KW.
6.
Ein Sorgenkind war der Skalenantrieb. Das vorhandene Reduziergetriebe (Gob/Fein-Einstellung)
müsste, so die Vermutung, auf Druck oder Zug umschaltbar sein. Das funktionierte nur sehr
unzuverlässig, so dass der ursprüngliche Bedienungsmodus nicht sicher geklärt
werden konnte.
Merkwuerdig war:
Durch Druck erreichte man die Grobabstimmung, durch Zug die Feinabstimmung. Das funktionierte
aber nur im geöffneten Zustand des Gerätes. Bei anmontierter Frontplatte konnte die
Druckposition nicht erreicht werden. Es konnte also nur der Fein-Modus bedient werden. Für den
praktischen Betrieb war das aber unzumutbar langsam (ca. 20 Umdrehungen für nur wenige
Millimeter auf der Skala). Eine angefertigte Achsverlängerung brachte Abhilfe.
Insgesamt passt die dürftige Achslagerung des Antriebs nicht zu der konsequenten Stabilität
des Gerätes. Die Vermutung liegt nahe, dass ein früherer Eingriff (Reparatur ?)
diesen Zustand erklären könnte.
Aus Sicht des Perfektionisten sollte dieses Teil durch eine moderne Konstruktion ersetzt werden,
um optimalen Bedienungskonfort zu erreichen. Es ist aber der Wunsch des Besitzers, den aktuellen
Zustand zu erhalten, um die museale Authentizität des Radios zu wahren.
Nachbetrachtung
Geräte mit 2 HF-Vorstufen wirken sich vorteilhaft auf Empfindlichkeit und Trennschärfe
aus, und die unerwünschten Spiegelfrequenzen auf KW werden dadurch stark reduziert.
Leider gab es nur wenige damit ausgestattete Modelle.
Überhaupt wurde nach Einführung des UKW-Empfangs (FM) der AM-Bereich von der Radio-
Industrie stark sehr vernachlässigt.
Die mechanische Robustheit und der respektable KW-Empfang prädestiniert den RADIONE R2 als
idealen Reiseempfänger für harte Betriebs= bedingungen. Hierin ist er jedem
neuzeitlichen Koffer-Radio ('Plastikspielzeug') vorzuziehen. Im Wettbewerb mit sparsamen
Stromverbrauchern hat er natürlich eindeutig die schlechteren Karten.
Juni 2010
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